Atomkraft? Nein danke!
Der Atomausstieg hat Deutschland sicherer und unabhängiger gemacht. Die Zukunft gehört den Erneuerbaren. Aber damit endet unsere politische und gesellschaftliche Verantwortung nicht. Das Erbe dieser Ära wird uns noch Jahrtausende beschäftigen.
Über 40 Jahre haben wir Grünen gemeinsam mit vielen Verbündeten gegen die Hochrisikotechnologie Atomkraft gekämpft. Am 15. April 2023 ist in Deutschland endlich der letzte Meiler vom Netz gegangen. Ein großer Erfolg und ein guter Tag für die Bundesrepublik.
Die reale Gefahr
Die Reaktorkatastrophe von Fukushima hat 2011 noch einmal deutlich gezeigt, wie schnell das nukleare Risiko zum Ernstfall werden kann. Und auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine führt uns aktuell wieder schmerzlich vor Augen: Atomanlagen können als Kriegswaffe missbraucht und damit zur realen Gefahr werden. Gleichzeitig nehmen Cyberangriffe auf kritische Infrastruktur zu und diese können auch Atomkraftwerke treffen.
Hinzu kommt, dass die europäischen Atomkraftwerke immer älter werden. Reaktordruckbehälter in Belgien, Frankreich und Großbritannien weisen mittlerweile Risse auf und sind dadurch weniger widerstandsfähig. Gerade alte Anlagen sind zudem mit weniger Sicherheitssystemen ausgestattet und schlechter gegen Angriffe oder Flugzeugabstürze geschützt.
Aber Atomenergie ist nicht nur gefährlich, sie ist auch unzuverlässig. Mit der Klimakrise, Hitze und Wassermangel kommen sie nicht gut zurecht. Da überrascht es auch nicht, dass Atomstrom vier Mal so teuer ist wie Strom aus Wind und Solar. Die jährlichen Kosten des Umgangs mit dem Atommüll und der nuklearen Sicherheit belaufen sich im Bundeshaushalt 2022 auf etwa 1,8 Milliarden Euro. Darunter fallen z.B. die Kosten der Zwischen- und Endlagerung sowie für die Stilllegung und den Rückbau von Atomkraftwerken.
Ein teures Erbe
Denn eines dürfen wir nicht vergessen: Während nur drei Generationen Atomkraft genutzt haben, werden sich 30.000 Generationen mit dem Müll beschäftigen müssen. Schätzungen zufolge wird allein der Rückbau eines einzigen Reaktors etwa eine Milliarde Euro kosten und mindestens 15 Jahre dauern.
Auch die Entsorgung radioaktiver Abfälle wird teuer – und sie ist kompliziert. Viele Jahre wurde unterschätzt und systematisch kleingeredet, wie schwierig die Suche nach einem Endlager für unseren Atommüll wird.
Mit dem Standortauswahlgesetz hat Deutschland 2013 die Lehren aus Gorleben gezogen: In einem transparenten, wissenschaftsbasierten Verfahren wird nun ein Endlagerstandort gesucht, der die größtmögliche Sicherheit aufweist, um den radioaktiven Müll für eine Million Jahre zu lagern. Diese Jahrhundertaufgabe ist mit keinem anderen Großprojekt in Deutschland vergleichbar.
Als Parlamentarischer Staatssekretär begleite ich diesen wichtigen Prozess und bin Vorsitzender der Aufsichtsräte der Bundesgesellschaft für Endlagerung, der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit und der Gesellschaft für Zwischenlagerung.
Die Zukunft gehört den Erneuerbaren
Unsere Energieversorgung muss bis 2045 klimaneutral und klimakrisensicher sein. Atomkraftwerke sind weder das eine noch das andere. Der Atomausstieg war deshalb ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg in ein neues Energiezeitalter. Mit Wind- und Solaranlagen stehen uns günstigere, risikoarme und sichere Energieformen zur Verfügung.
Und mit uns Grünen in der Bundesregierung heben die Erneuerbaren endlich ab: Noch nie wurde in Deutschland so viel Strom aus Wind und Sonne gewonnen wie jetzt. Mittlerweile haben die Erneuerbaren sogar den Kohlestrom als wichtigste Energiequelle abgelöst. Außerdem steigt die Nachfrage nach Ökostrom seit dem Atomausstieg immer weiter an. Dadurch wird die Stromversorgung langfristig nicht nur sicherer, sondern auch günstiger.
Mit dem Atomausstieg haben wir die Grundlagen geschaffen für eine unabhängige Energieversorgung der Zukunft. Jetzt gilt es, auch das letzte Kapitel der nuklearen Energiegewinnung in Deutschland noch zu beenden: Die Atomfabriken in Gronau und Lingen.